In zwei neueren Gerichtsentscheiden wurde einmal mehr bestätigt, dass die strikte Rechtsprechung zur Haftung für Sozialversicherungsbeiträge gem. Art. 52 AHVG fortgesetzt wird. Verwaltungsrat, Geschäftsführer, Revisionsstellen und andere Organe haften solidarisch. Zudem können auch Erben eines Organs belangt werden.

Berufung auf mangelnden Einfluss hilft nicht

Das Sozialversicherungsgericht Waadt (Cour des Assurances Sociales VD) hat in einem aktuellen Entscheid vom 3. Mai 2017 bestätigt, dass auch ein Verwaltungsrat, der nur kurzzeitig eine Organfunktion ausgeübt und dabei keinen Einfluss auf die Geschäftsführung genommen hat, für die Sozialversicherungsbeiträge, die in seiner Amtszeit fällig geworden sind, haftet.

Das Gericht hat zwar bestätigt, dass die die Voraussetzungen für eine Haftung nach Art. 52 AHVG nicht bereits erfüllt sind, wenn mangels Liquidität die Beiträge nicht bezahlt worden sind. Massgebend sind die allgemeinen Haftungsvoraussetzungen, wie Pflichtverletzung, Schaden, Kausalzusammenhang und Verschulden. Insbesondere ist es notwendig, dass das fragliche Organ auch tatsächlich die Möglichkeit hatte, den eingetretenen Schaden zu verursachen bzw. zu verhindern. Im vorliegenden Fall argumentierte der gewählte Verwaltungsrat, er habe nur seinen Namen zur Verfügung gestellt, aber keinen Zugang zu den Konten und ohnehin keinen Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft gehabt. Damit kann sich ein Organ allerdings nicht entschuldigen und von der Haftung befreien. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn ein Verwaltungsrat nicht aktiv in die Leitung seiner Gesellschaft eingreift, verletzt er gerade dadurch seine Sorgfaltspflicht und zwar sogar grobfahrlässig (vgl. Jeder Verwaltungsrat ist verpflichtet, die finanziellen Abläufe kritisch zu verfolgen).

Das Gericht hielt zudem einmal mehr fest, dass ein Mandat und damit auch die Verantwortlichkeit als Organ mit dem Eintrag ins Handelsregister beginne und mit dem Austritt bzw. der Löschung aus dem Handelsregister ende. Die Haftung gem. Art. 52 AHVG ist subisidiär, d.h. tritt nur ein, wenn die Gesellschaft selbst nicht belangt werden kann. Haftbar sein können neben Verwaltungsrat auch Revisionsstelle oder Geschäftsführer. Dabei sind nicht nur formelle, sondern auch materielle oder faktische Organe haftbar.

Auch Erben haften für Schadenersatzpflichten nach Art. 52 AHVG

In einem anderen Entscheid hat das Bundesgericht am 9. Oktober 2017 entschieden, dass Verpflichtungen aus unerlaubten Handlungen des Erblassers auf die Erben übergehen, welche die Erbschaft angenommen haben. Eine Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG gehört damit auch zu den Rechtspositionen, die auf die Erben übergehen. Im vorliegenden Fall konnte deshalb die Ehefrau eines ehemaligen Organs nach dessen Tod erfolgreich für unbezahlte Sozialversicherungsbeiträge betrieben werden.

Fazit

Die Haftung nach Art. 52 AHVG bleibt sehr streng (vgl. auch „Haftung für Steuerschulden und Sozialversicherungsabgaben„). Es ist weiterhin kaum möglich, sich seinen Verpflichtungen zu entziehen, wenn die SAV von einem Organ Schadenersatz wegen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge geltend macht. Faktisch führt das dazu, dass ein Verwaltungsrat in Krisensituationen darum besorgt sein sollte, zumindest diese Forderungen beglichen werden, da eine entsprechende Inanspruchnahme fast schon garantiert ist. Problematisch kann ein solches Vorgehen allerdings hinsichtlich der Gläubigerbevorzugung sein.

Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

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