Der Verwaltungsrat muss unzählige gesetzliche Pflichten befolgen. Wie soll er vorgehen, wenn sich zwingende gesetzliche Pflichten widersprechen?

Kollision von gesetzlichen Pflichten

Eine schwierige Situation für den Verwaltungsrat ist ist, wenn sich zwei zwingende gesetzliche Pflichten widersprechen bzw. die Befolgung der einen Pflicht gleichzeitig die Verletzung der anderen zur Folge hat.

Ein klassischer Fall von zwingenden sich widersprechenden Pflichten ergab sich für einige Schweizer Banken im Nachgang der Wirtschaftskrise nach 2008. Die USA verlangten von mehreren Schweizer Banken Auskunft über US-Kunden gestützt auf US-Aufsichtsrecht und US-Steuerstrafrecht. Diese Regelungen widersprachen aber dem damaligen Schweizer Bankkundengeheimnis. Diese Pflichtenkollision führte zu einer Zwangslage für den Verwaltungsrat und einem erhöhten Haftungsrisiko.

Ein weiteres Beispiel kann im Einzelfall die sog. „Business Defence“ darstellen (vgl. „Business Defense – wie man sich der Haftung nach AHVG 52 entzieht„). Ein Verwaltungsrat kann persönlich haftbar werden, wenn er seiner Pflicht die gesetzlich geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten, nicht nachgekommen und die Gesellschaft in Konkurs gefallen ist. Unterliess er aber die (vorläufige) Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge, um den weiteren Zahlungsverpflichtungen der Gesellschaft nachzukommen und damit das Überleben der Gesellschaft zu sichern, kann ein Rechtfertigungsgrund oder Schuldausschlussgrund vorliegen. Denn die Sicherung des Überlebens der Gesellschaft ist ebenfalls eine gesetzlich zwingende Pflicht des Verwaltungsrats. Es besteht in solch einer Situation aber ein erhöhtes Haftungsrisiko für den Verwaltungsrat.

Vorgehen

Sofern es möglich und zumutbar ist, keine Pflichtverletzung zu begehen, dann sollte dieses Vorgehen gewählt werden.

Es kann aber keine allgemeine Empfehlung abgegeben werden, wie ein Verwaltungsrat vorzugehen hat, wenn eine Pflichtverletzung unausweichlich ist. Eine juristische Beratung für den konkreten Einzelfall ist sehr zu empfehlen.

Für Rückfragen wenden Sie sich an David Dalla Vecchia oder Dr. Christoph D. Studer.