Oft hört man, dass die Finanzverantwortung zum zentralen Aufgabenbereich des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft gehöre. Doch was heisst das konkret?
Im Vordergrund stehen drei Aspekte, um die sich der Verwaltungsrat prioritär selbst kümmern muss: die Ausgestaltung des Rechnungswesens, die Finanzkontrolle und die Finanzplanung. Diese Aufgaben sind nicht delegierbar, insbesondere nicht an die Revisionsstelle.
Rechnungswesen
Der Verwaltungsrat hat zunächst einmal dafür zu sorgen, dass das Unternehmen eine ordnungsgemässe Rechnungslegung führt. Grundlage für die Rechnungslegung ist die buchhalterische Erfassung sämtlicher Geschäftsvorfälle. Dies bedeutet aber nicht, dass er in jedem Fall selber Hand anlegen und die Finanzbuchhaltung persönlich besorgen muss. Der Verwaltungsrat steht aber dafür ein, dass diese Funktion ordnungsgemäss wahrgenommen wird, etwa durch Delegation an interne oder externe Fachkräfte. Die anzuwendenden Rechnungslegungsstandards (OR, Swiss GAAP FER, IFRS) sind ebenfalls vom Verwaltungsrat festzulegen, wobei je nach Art und Grösse des Unternehmens unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse bestehen.
Das Rechnungswesen sollte ein eigentliches Führungsmittel des Verwaltungsrat sein, was intern eine zeitnahe, im Monats- oder Quartalsrhythmus geführte Rechnung erfordert. Hält die Aktiengesellschaft Mehrheitsbeteiligungen, muss eine konsolidierte Jahresrechnung (Konzernrechnung) erstellt werden.
Finanzkontrolle und Finanzplanung
Die Finanzkontrolle umfasst nicht nur ein recht- und ordnungsgemässer Ablaufs der Finanzströme im Unternehmen. Entscheidend ist, dass der Verwaltungsrat die notwendigen Alarmglocken installiert, um festzustellen, wenn Gefahr besteht, dass das Unternehmen die anstehenden Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann.
Inhaltlich geht es vor allem um die Sorge für eine ausreichende Liquidität, was meist die Aufstellung und kontinuierliche Nachführung einer Geldflussrechnung bedingt. Teil dieses Kontrollsystems kann die interne Revision sein, welche bei grossen Unternehmen eine eigene Struktur hat und direkt dem Verwaltungsratspräsidenten oder aber einem Audit Committee regelmässig Bericht erstattet. In einfacheren Verhältnissen, in der Industrie oder dem Handel, lässt sich dies bisweilen auch schlanker und informeller bewältigen. Entscheidend ist aber, dass die Funktion der internen Revision als solche wahrgenommen wird und sie vom Management (sprich dem Geschäftsführer oder CEO) unabhängig ist.
Die Finanzplanung wiederum ist Bestandteil der Unternehmensplanung und erlaubt es, auf die Unternehmensentwicklung Einfluss zu nehmen. Sie umfasst die Budgetierung (Aufwand- und Ertragsbudgets, Investitionsbudgets), dient der Sicherstellung der Gesellschaftsziele (und der Vornahme allfälliger Kurskorrekturen) und trägt ebenfalls zur Erhaltung genügender Liquidität bei. Eine sinnvolle Gestaltung der Zukunft eines Unternehmens ist, ausser in statischen Verhältnissen, ohne die Planung der erforderlichen finanziellen Mittel weder sinnvoll noch möglich.
Haftungsrisiken
VR-Mitglieder müssen sich bewusst sein, dass die Ausgestaltung des Rechnungswesen, der Finanzkontrolle und der Finanzplanung zu ihren unentziehbaren und unübertragbaren Hauptaufgaben gehört. D.h. auch bei einer Delegation bleibt der Verwaltungsrat selber verantwortlich und haftbar. Aus der Praxis sind diverse Gerichtsfälle bekannt, wo Verwaltungsräte mit ihrem persönlichen Vermögen haften mussten, weil sie eine ordnungsgemässe Buchführung unterliessen oder für keine seriöse Finanzplanung sorgten.
Trackbacks/Pingbacks