In der Schweiz gibt es heute schätzungsweise rund 100’000 Vereine von verschiedenster Art, Bezeichnungen, Grösse und Ausgestaltung. So erstaunt es nicht, dass Viele früher oder später in ihrem Leben einmal in einem Verein als Vereinsvorstand agieren – meistens auf ehrenamtlicher Basis. Oft ist man sich allerdings nicht bewusst, dass das Amt auch Risiken birgt.

Haftung wie ein CEO

Als Vorstandsmitglied kann man sowohl gegenüber dem Verein wie auch gegenüber Mitgliedern oder Dritten haftpflichtig werden. Die Situation ist vergleichbar wie die eines Verwaltungsrats oder CEOs.

Zwar fehlt es im Vereinsrecht selbst an einer ausdrücklichen Regelung, aufgrund welcher der Vorstand bzw. ein Vorstandsmitglied für einen Schaden belangt werden könnte. In Gesetz und oft auch Statuten oder Vereinsbeschlüssen finden sich aber verschiedenen Grundlagen, die zur Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen dienen können. So enthält beispielsweise Art. 69 ZGB die allgemeine Pflicht des Vorstandes, nach den Befugnissen, die Statuten ihm einräumen, die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen und den Verein zu vertreten. Er hat demnach für eine gesetzes- und statutenkonforme Verwaltung zu sorgen und die Interessen des Vereins zu wahren. Der Vorstand haftet dem Verein für den Schaden aus ungetreuer und unsorgfältiger Geschäftsführung, den er durch absichtliche oder fahrlässige Pflichtverletzung verursacht hat. Aber auch Dritte können namentlich bei Insolvenz eines Vereins gegebenenfalls Ansprüche gegen den Vorstand oder einzelne Mitglieder geltend machen.

Haftungsvoraussetzungen

Auch für die Haftung des Vereinsvorstandes müssen, die klassischen vier Haftungsvoraussetzungen erfüllt sein, nämlich Schaden, Pflichtwidrigkeit, adäquater Kausalzusammenhang sowie ein Verschulden.

Der Schaden besteht dabei wie immer in einer unfreiwilligen Verschlechterung der Vermögenslage des Geschädigten. Dies kann eine Erhöhung der Passiven oder aber auch eine Verminderung der Aktiven sein.

Pflichtwidriges Verhalten liegt dann vor, wenn der Vorstand bzw. ein Vorstandsmitglied die ihm auferlegten Pflichten nicht erfüllt. Dies kann beispielsweise sein, dass der Verein nicht zweckmässig organisiert ist bzw. ordentlich geführt wird oder wenn der Vorstand sich nicht so verhält, wie man es von einem umsichtigen und vernünftigen Vorstand unter den konkreten Umständen erwarten dürfte. Grundsätzlich wird ein pflichtgemässes Verhalten vermutet, sofern die vereinsrechtlichen Verfahrensgrundsätze, d.h. insbesondere die Statuten beachtet worden sind. Auf der anderen Seite stellen anfechtbare und nichtige, d.h. gesetzes- oder statutenwidrige Beschlüsse des Vorstands in der Regel eine Pflichtverletzung dar.

Ebenfalls pflichtwidrig kann auch eine Amtsaufgabe zu Unzeit sein, d.h. wenn diese in einem für den Verein denkbar ungünstigen Moment erfolgt. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn der Vorstand aufgrund der Amtsaufgabe zeitweilig handlungsunfähig wird.

Immer notwendig ist ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen der pflichtwidrigen Handlung des Vorstands und dem eingetretenen Schaden. Das bedeutet, dass gemäss dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Pflichtwidrigkeit an sich geeignet war, einen Schaden von der Art des eingetretenen herbeizuführen.

Nicht genügend qualifiziert

An das Verschulden wird im Zusammenhang mit der Haftung des Vereinsvorstandes ein objektiver Massstab angelegt. Dies bedeutet nichts anderes, als dass das fehlbare Handeln oder Unterlassen damit verglichen wird, was ein gewissenhafter und vernünftiger Mensch unter den gleichen Umständen getan hätte. Entsprechend ist ein Vereinsvorstand selbst dafür verantwortlich, dass er bereits bei Amtsantritt über ausreichend Fähigkeiten besitzt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Diese Anforderungen können für einzelne Vereine abhängig von der Art, der Grösse und dem Vereinszweck ganz unterschiedlich ausfallen.

Ehrenamtliche Tätigkeit

Ehrenamtlichkeit bzw. Unentgeltlichkeit schliessen eine Haftung nicht aus. Es ist zwar grundsätzlich möglich, die Haftung im Sinne einer Gefälligkeit zu beschränken, wenn eine Vorstandstätigkeit unentgeltlich war. Allerdings sind die Umstände im Einzelfall massgebend und es gibt regelmässig Fälle, in denen ein Vorstand trotz Ehrenamtlichkeit voll haftbar war.

Versicherungslösungen

Bei Annahme eines Vorstandsmandats ist es somit empfehlenswert, sich zu fragen, ob der Abschluss einer Versicherung angezeigt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die allgemeine Privathaftpflichtversicherung normalerweise lediglich Sach- und Personenschäden, nicht aber reine Vermögensschäden abdeckt. Damit sind aber die häufigsten Fälle der Inanspruchnahme als Vorstandsmitglied nicht gedeckt.

Auch für Vereinsvorstände werden Versicherungslösungen (sog. Director’s and Officer’s Liability Insurance, D&O) angeboten. Auch solche Versicherungen bieten allerdings i.d.R. keinen Schutz bei öffentlich-rechtlichen Forderungen (so z.B. ausstehende AHV-Beiträge) oder bei strafrechtlich relevanten Handlungen.

Kein Ausschluss der Haftung

So bunt die Vielfalt der Vereine in der Schweiz ist, so vielseitig sind die potentiellen Haftungsrisiken eines Vereinsvorstandes. Da eine solche Haftung nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, lohnt es sich, sich dazu einige Gedanken zu machen. So ist vor Amtsantritt und dann wieder in regelmässigen Intervallen zu überlegen, ob sich die Beteiligten ihrer Verantwortung und Risiken bewusst sind bzw. die vorhandenen Möglichkeiten nutzen, um das Risiko einzuschränken. Dazu gehört namentlich eine zweckmässige Struktur des Vereins, die Aufteilung von Verantwortlichkeiten, je nach Situation die strikten Durchsetzung eines Vier-Augen-Prinzips beim Abschluss von Geschäften, oder einer allgemeinen Einschränkung der Vertretungsmacht. Gerade aufgrund dieses breiten Spektrums von Vereinsausgestaltungen gibt es keine Standardlösungen.

Vorgehen bei Inanspruchnahme

Wenn Sie trotz solcher Vorkehrungen einmal in die Situation kommen, dass Ansprüche gegen Sie geltend gemacht werden, lohnt es sich, frühzeitig kompetenten Rat einzuholen. Erfahrungsgemäss wird die Situation von Betroffenen oft dadurch verschlechtert, dass sie versuchen, selber darzulegen, dass die erhobenen Vorwürfe nicht begründet sind. Sie liefern den potenziellen Klägern zusätzliche Information, die diese dankbar entgegen nehmen und für ihre Interessen ausnützen. Überlegen Sie, bevor Sie dem Drang nachgeben, sich rechtfertigen zu wollen!