Ein Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft bzw. ein Geschäftsführer einer GmbH kann die Gesellschaft im Geschäftsverkehr gültig vertreten. Jedoch birgt ein Interessenkonflikt des handelnden Verwaltungsrats bzw. Geschäftsführers die Gefahr, dass die Vertretungsmacht für das konkrete Geschäft nicht bestand. Es gilt die richtigen Massnahmen zu ergreifen. Insbesondere bei einer sog. Selbstkontrahierung und bei sog. Doppelvertretungen ist Vorsicht geboten.

Vertretungsmacht und ihre Grenzen

Der Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft bzw. der Geschäftsführer einer GmbH führt die Geschäfte der Gesellschaft. Dazu gehört auch, dass er die Gesellschaft gegenüber Dritten, z.B. mittels Abschluss von Verträgen, gültig vertreten kann. Der Verwaltungsrat bzw. Geschäftsführer hat somit eine Vertretungsmacht für die Gesellschaft.

Der Vertretungsmacht sind aber gewisse Grenzen gesetzt. So ist die Vertretungsmacht eines Verwaltungsrats stark eingeschränkt, wenn er einem Interessenkonflikt unterliegt. Solche Geschäfte sind grundsätzlich nur gültig zustande gekommen, wenn ein gutgläubiger, unabhängiger Dritter am Geschäft beteiligt war, da dieser Dritte geschützt werden soll. Je nach Einzelfall stellt sich in solchen Fällen aber auch immer die Frage der Haftung des sich in einem Interessenkonflikt befindlichen Verwaltungsrates.

Eine besondere Form eines Interessenkonfliktes liegt vor, wenn der Verwaltungsrat gleichzeitig auch selber Vertragspartner ist (sog. Selbstkontrahierung) oder für die Vertragspartnerin das Geschäft abschliesst bzw. auf beiden Seiten als mit Vertretungsmacht handelnd auftritt (sog. Doppelvertretung). Bei solchen sog. Insichgeschäften wird der Vertrag nicht mit „unabhängigen“ Dritten, sondern mit dem Verwaltungsrat persönlich bzw. einer anderen Gesellschaft, in der er Einsitz hat, abgeschlossen. Ein Schutz von gutgläubigen Dritten ist hier nicht erforderlich, weshalb die mangelhafte Vertretungsmacht nicht geheilt wird.

Einem Insichgeschäft haftet der Makel an, dass der vertretende Verwaltungsrat vermutungsweise ohne Vertretungsmacht für die Gesellschaft gehandelt hat und der Vertrag somit nicht gültig zustande gekommen ist. Jedoch kann auch ein Insichgeschäft u.U. gültig zustandekommen.

Schriftformerfordernis

Bereits das Gesetz verlangt für Insichgeschäfte ab einem Wert von CHF1’000.00, dass sie schriftlich abgeschlossen werden. Nur Geschäfte mit einem darunterliegenden Wert lassen sich formfrei, z.B. rein mündlich, abschliessen.

Zusätzlich zu diesem allfälligen Schriftformerfordernis muss eine der nachfolgenden Bedingungen erfüllt sein.

Marktgerecht

In einem zweiten Schritt muss die Frage geklärt werden, ob dass Geschäft zu marktgerechten Konditionen abgeschlossen wurde oder für die Gesellschaft sogar nur Vorteile bringt. Ist dies der Fall, so ist das Insichgeschäft gültig zu Stande gekommen.

Genehmigung

Alternativ kann das Insichgeschäft vorgängig oder nachträglich von einem neben- oder übergeordneten Organ des handelnden Verwaltungsrates genehmigt werden. Als nebengeordnetes Organ gilt ein anderes Mitglied des Verwaltungsrats mit der notwendigen Vertretungsmacht. Das übergeordnete Organ wäre die Generalversammlung. Auch durch dieses Vorgehen kann ein an sich unzulässiges Insichgeschäft Gültigkeit erlangen.

Spezialfall Alleinaktionär

Sofern der handelnde Verwaltungsrat gleichzeitig Alleinaktionär der Gesellschaft ist, stellt er auch die „gesamte“ Generalversammlung dar, welche ja sein übergeordnetes Organ ist. Mit anderen Worten würde sich ein solcher Verwaltungsrat an der Generalversammlung die notwendige Genehmigung gleich selber geben, weshalb keine Generalversammlung mit förmlicher Genehmigung durchgeführt werden muss.

Ähnlich kann es sich auch in Konzernverhältnissen ergeben, dass der Verwaltungsrat der Tochtergesellschaft T gleichzeitig Alleinaktionär der Muttergesellschaft M ist, welche 100% der Aktien von T hält. In diesem Fall kann sich der Verwaltungsrat durch seine Stellung als Alleinaktionär der M, an der Generalversammlung von T somit ebenfalls die Genehmigung für das Insichgeschäft selber geben. Auch in diesem Fall kann auf eine förmliche Genehmigung verzichtet werden.

Persönliche Haftung des Geschäftsführungsorgans

Führt das Verhalten letztlich zu einem Schaden für die Gesellschaft, kann der fehlbare Verwaltungsrat oder Geschäftsführer dafür auch persönlich haftbar werden (vgl. dazu der Beitrag „Persönliche Haftung von Verwaltungsräten„).

 

Für Fragen wenden Sie sich an David Dalla Vecchia oder Dr. Christoph D. Studer.