Bei Konflikten innerhalb des Verwaltungsrats kann es vorkommen, dass ein VR-Mitglied keine Informationen über die Gesellschaft oder keine Einsicht in die Geschäftsbüchern mehr erhält. Zwar besteht seit langem eine ausdrückliche Regelung im Obligationenrecht, wonach jedem Verwaltungsrat umfassende Einsichts- und Auskunftsrechte zustehen. Bis anhin unklar war aber, ob dieses Recht auch gerichtlich durchsetzbar ist. Die juristische Lehre war in dieser Frage gespalten, eine höchstrichterliche Rechtsprechung gab es nicht. Das Bundesgericht hat die Kontroverse nun in seinem Leitentscheid vom 28. Februar 2018 (4A_364/2017, zur Publikation vorgesehen) gelöst: Verwaltungsräte können ihr Informationsrecht auch klageweise durchsetzen und zwar im summarischen Verfahren.

Auskunftsrecht als Gegenstück zur Veranwortlichkeit

Jedes Mitglied des Verwaltungsrates ist gemäss Art. 715a OR berechtigt, von den anderen Verwaltungsräten und der Geschäftsleitung Auskunft über sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft zu erhalten. Dieses Auskunftsrecht besteht sowohl mündlich anlässlich der VR-Sitzungen als auch schriftlich ausserhalb der Sitzungen. Es umfasst etwa den Geschäftsgang, einzelne Geschäfte sowie Einblick in Geschäftsbücher und Akten.

Das Bundesgericht führt an, dass das Informationsrecht dem einzelnen Verwaltungsrat ermöglichen soll, seine Führungs- und Aufsichtsfunktion im Interesse der Gesellschaft wirksam und effizient wahrzunehmen. Dieses Recht sei das Gegenstück zur individuellen Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates.

Klagbarkeit gesetzlich nicht ausgeschossen

Weiter führt das Bundesgericht aus, dass gerade bei „Parteibildungen“ innerhalb des Verwaltungsrates Auskünfte oft zu unrecht verweigert würden. Das Wissen darum, dass ein Informationsanspruch nicht klagbar sei, würde einem solchen Verhalten weiter Auftrieb verleihen.

Schliesslich hat das Bundesgericht den oft geäusserten Einwand verworfen, wonach kein Klagerecht bestehe, weil der Gesetzeswortlaut ein solches (im Gegensatz zum Auskunftsrecht des Aktionärs gemäss Art. 697 OR) nicht ausdrücklich erwähnt. Diese Argumentation verkenne, dass grundsätzlich sämtliche privaten Rechte klagbar seien, ohne dass der Gesetzeswortlaut dies ausdrücklich erwähnen müsse. Falls im Gegenteil ein Recht nicht klagbar sei, müsse dies ausdrücklich vorgesehen werden (wie es etwa bei Wettschulden oder dem Anspruch auf Eheschliessung unter Verlobten der Fall sei).

Klage im summarischen Verfahren

Ebenfalls entschieden hat das Bundesgericht, welche Verfahrensart auf die klageweise Durchsetzung dieses Auskunftsrechts anwendbar ist: Das summarische Verfahren eigne sich aufgrund dessen Raschheit und Flexibilität am Besten. Aus denselben Gründen sah die Zivilprozessordnung bereits bis anhin für die Klage des Aktionärs auf Auskunft und Einsicht das summarische Verfahren explizit vor (Art. 250 lit. c Ziff. 7 ZPO).

Griffiges Instrument zur Durchsetzung

Dem Entscheid des Bundesgerichts ist beizupflichten: Verwaltungsräte, welche mit ihrem persönlichen Vermögen für pflichtwidriges Verhalten geradestehen müssen, benötigen griffige Instrumente um an alle Informationen zu gelangen, welche sie für eine gewissenhafte Amtsführung benötigen.